„Jetzt gibst du eine halbe Parade..“

„und jetzt ganze Parade zum Halten…“

Diese Sätze kennen wir. Zumindest dann, wenn wir ab und zu mal Fahrunterricht nehmen oder uns in der Kunst des Reitens üben. „Parade“ – ein allseits präsenter Fachbegriff, den nahezu jeder von uns anders beschreiben würde.

Gefühlte Kommunikation zwischen Fahrerhand und Pferdemaul

Paraden

Kommunikation zwischen Fahrerhand und Pferdemaul

An der Leine ziehen und mit der Peitsche gegentreiben?

Das widerspricht sich doch! Wenn ihr mit dem Auto fahrt, gebt ihr nicht gleichzeitig Gas und tretet auf die Bremse, oder? Und genau da liegt die Krux. Aber schauen wir genauer hin…

Das Ziel ist der Parade ist vielfältig:

  • Geschwindigkeit verringern
  • eine Gangart herunterschalten
  • verschiedene Tempi innerhalb einer Gangart fordern (Mitteltrab, versammelter Trab)
  • zum Halten  kommen
  • eine Gangart schwungvoll erhalten
  • eine Wendung einleiten
  • Stellung und Biegung einfordern
  • Versammlung  erarbeiten

Und das alles nur mit Hilfe von Paraden? Wie kann das funktionieren?

Der richtige Zeitpunkt

Um eine korrekte Parade zu geben, müssen wir zunächst unserem vierbeinigen Kumpel sagen, dass er mit seiner Hinterhand mehr untertreten muss, denn er soll ja nicht auf die Vorhand fallen. Dafür treibt man mit der Peitsche rechts und links abwechselnd, um das jeweilige Hinterbein zum vorschwingen zu veranlassen. Wenn wir nur treiben würden, wird unser Pferd dadurch unausweichlich schneller. Um genau das zu vermeiden, geben wir kurz nach dem Treiben einen kurzen Impuls auf der Leine. Im Idealfall genau dann, wenn das jeweilige Hinterbein wieder auf dem Boden ist. Puh…schwere Aufgabe!

Sensibilisierung

Fühlen, fühlen, fühlen! Zu kräftige oder dauerhafte Paraden stumpfen jedes Pferd ab. Je nach Ausbildungsgrad und Interieur des Pferdes müssen wir immer wieder daran arbeiten, so fein wie möglich einzuwirken. Je weiter ihr in der Ausbildung voranschreitet, umso eher wird das Pferd die ersten Anzeichen einer Parade interpretieren und reagieren. Auch hier gilt: LOBEN, loben, loben. Gerne auch mal nach einer gelungenen Parade den Beifahrer absteigen lassen und das Pferd ausgiebig mit Streicheln und Stimme loben. Es erinnert sich daran und wird versuchen, möglichst bald wieder in den Genuss einer außergewöhnlichen Streicheleinheit zu kommen. Die Hilfengebung zur Parade verankert sich mehr und mehr im Gehirn und unsere gewünschte Reaktion wird immer häufiger richtig von unserem vierbeinigen Partner gezeigt.

So viel wie nötig und so wenig wie möglich!

Arbeitet an euch – konzentriert euch auf die Bewegungsabläufe des Pferdes und setzt die Hilfen korrekt ein. Schaut hin: wann setzt der Huf auf den Boden auf? Wann schwingt das Bein vor? Das bedarf einer Menge Übung und wer einen Trainer an seiner Seite hat, der ein gutes Auge hat, ist klar im Vorteil.

Das Aussetzen der Hilfen

Ein ganz wichtiger Teil der Parade besteht im Aussetzen der Hilfen. Sobald unser Pferd auch nur eine minimale Reaktion zeigt – aufhören! Das Pferd fragt uns mit einer kleinen Reaktion, ob es richtig auf unsere Parade reagiert hat. Wenn wir jetzt nicht antworten, in dem wir als Belohnung die Hilfen aussetzen, geht es davon aus, dass seine Reaktion eine falsche war.

Halbe Parade und ganze Parade

Wie ist denn nun der Unterschied? Wird die halbe Parade nur halb so stark ausgeführt wie die Ganze? Oder erfolgt die Einwirkung bei der halben Parade nur auf einer Leine?

Die ganze Parade führt immer dazu, dass das Pferd steht!

So einfach ist das. Und die ganze Parade besteht aus mehreren aneinandergereihten halben Paraden. Aha! Die halbe Parade brauchen wir, um das Pferd aufmerksam zu machen, um zu einer langsameren Gangart durchzuparieren oder für die unterschiedlichen Tempi innerhalb einer Gangart. Die halbe Parade kommt übrigens auch, bevor wir Stellung und Biegung verlangen.

Wer also die Hilfen für eine halbe Parade beherrscht, kennt auch automatisch die Hilfengebung bei der ganzen Parade. Wie sagen wir immer so schön:

Vom Leichten zum Schweren

Erst wenn das Pferd halbe Paraden kennt und willig annimmt, solltet ihr an den ganzen Paraden arbeiten. Wenn wir Fahrer feine und gut abgestimmte halbe Paraden geben können und unser Pferd gut darauf reagiert, ist es an der Zeit, sich den ganzen Paraden zu widmen. Ganz wichtig: Paraden immer nur kurz durchführen. Reagiert unser Pferd nicht, lassen wir kurz locker und versuchen es im zweiten Anlauf. Auf keinen Fall ziehen wir permanent an den Leinen! Aber das wisst ihr ja alle.

Wie gebe ich die richtige Parade?

Damit mein Pferd mich versteht, gibt es einige Faktoren, die zusammenpassen müssen:

  • der richtige Zeitpunkt
  • die richtige Dosierung
  • die richtige Platzierung
  • die richtige Kombination

Wir gehen mal davon aus, dass allen bewusst ist, dass das Pferd möglichst an der äußeren Leine gehen soll. Wenn wir eine Parade auf der äußeren Leine geben würden (nach vorherigem Treiben), käme unser Kumpel in Außenstellung. Das ist natürlich nicht Sinn der Sache. Wenn ich aber außen leicht annehme und innen gefühlvoll gegenhalte (nicht „sägen“!) dann wird mein Pferd reagieren. Bei der kleinsten Reaktion setze ich die Hilfe aus und treibe wieder nach. Wenn ich alles richtig gemacht habe, wird unser Pferd mit unverminderter Trittfrequenz und Erhalt des Untertrittes der Hinterhand, die Vorwärtsbewegung reduzieren. Je weiter wir in der Ausbildung vorankommen, desto mehr erhöht sich der Untertritt der Hinterhand.

Jetzt heißt es Üben! Wir wünschen euch viel Freude und Erfolg dabei.

Birgit Barre